Ziel der Arbeit ist die Untersuchung möglicher Einflüsse von
Umweltbedingungen auf die subjektive Wahrnehmung von Konflikten zwischen
ungeschützten Verkehrsteilnehmern (Radfahrern, Fußgängern,
Inline-Skatern). Die Untersuchung basiert auf einem quasiexperimentellen
Design. Als Stimulusmaterial werden den Untersuchungsteilnehmern gestellte
Videoszenen von Konfliktsituationen zwischen den genannten Verkehrsteilnehmern
vorgegeben. Die 12 Konfliktsituationen wurden nach einem 2x2x3 faktoriellen
Design (Art der Verkehrsfläche: ebene Gerade vs. abschüssige
Kurve; Verkehrsdichte: 4 vs. 7 Verkehrsteilnehmer; verkehrswidriges Verhalten
eines Verkehrsteilnehmers: Radfahrer vs. Fußgänger vs. Inline-Skater)
manipuliert. Die Testung wurde an 75 Probanden (25 Radfahrer, 25 Fußgänger
und 25 Inline-Skater) durchgeführt. Zusätzlich wird der Frage
nachgegangen, inwieweit die eigene Art der Verkehrsteilnahme, der Attributionsstil,
sowie die Persönlichkeitsstruktur der Konfliktbeobachter ihre Konfliktwahrnehmung
beeinflusst. Die Konfliktwahrnehmung gliedert sich in die Gefahrenwahrnehmung,
die Einschätzung der Auftrittswahrscheinlichkeit von Konflikten, sowie
auf die Schuldzuweisungen an die beobachteten Verkehrsteilsnehmer. Weiters
werden subjektive Einschätzungen, inwieweit interne/dispositionale
Faktoren der Akteure bzw. externe Faktoren (Konfliktpotential) für
die beobachteten Konflikte als verantwortlich betrachtet werden, erhoben.
Mittels der Technik des Semantischen Differentials wird untersucht, ob
sich die Probanden hinsichtlich ihrer eigenen Art der Verkehrsteilnahme
in ihren allgemeinen Einstellungen gegenüber Radfahrern, Fußgängern
und Inline-Skatern unterscheiden.
Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die
Gefahrenwahrnehmung, die Einschätzung der Auftrittswahrscheinlichkeit
von Konflikten, interne und externe Kausalattributionen, sowie Schuldzuweisungen
an die Akteure durch Umweltbedingungen beeinflusst werden. Unter bestimmten
Variationen der Umweltbedingungen konnten auch Unterschiede zwischen den
Radfahrern, Fußgängern und Inline-Skatern hinsichtlich ihrer
Konfliktwahrnehmung beobachtet werden. Bezüglich der allgemeinen Einstellungen
konnte beobachtet werden, dass Fußgänger und Inline-Skater Fußgänger
als aktiver wahrnehmen, als Radfahrer dies tun. Inline-Skater selbst erleben
Mitglieder der eigenen Verkehrsteilnehmergruppe interessanter als Radfahrer
und Fußgänger dies tun. Einschätzungen, wonach interne
bzw. externe Faktoren als Konfliktursache betrachtet werden, sowie die
Schuldzuweisungen an die Akteure werden unter bestimmten Umweltbedingungen
vom Attributionsstil der Beobachter beeinflusst. Das Persönlichkeitsprofil
der Beobachter wirkt sich nur unter bestimmten Umweltbedingungen darauf
aus, inwieweit fehlender Blickkontakt zwischen den Verkehrsteilnehmern
für das Zustandekommen des Konflikts verantwortlich ist. Ergebnisse
der Untersuchung dürften als bescheidener Ansatzpunkt für verkehrsplanerische
Überlegungen hinsichtlich der Gestaltung insbesondere von Mischflächen
dienlich sein.