In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, inwieweit sich Alkohol
auf die Ereigniskorrelierten Potentiale auswirkt, die als Ausdruck der
automatisierten (N100, P200 und das Vertexpotential) und bewußten
lnformationsverarbeitungsprozesse (P300, LPC) angesehen werden. Die
Ereigniskorrelierten Potentiale wurden anhand des Stemberg-Paradigmas und
des 50:50-Paradigmas ausgelöst.
Die Vpn wurden bei 0.0, 0.5 und 0.8 Promille getestet, wobei die zu
trinkende Menge mittels Alkomax unter Berücksichtigung des Körpergewichts
und der Größe berechnet wurde und der Atemluftalkoholgehaft
mittels Sanomed-Alkotester überprüft wurde.
Weiters wurde untersucht, ob sich Unterschiede bezüglich der Ereigniskorrelierten
Potentiale zwischen Trinkern und Rauchern, Nichttrinkern und Nichtrauchern
sowie Nichttrinkern, aber Rauchern erkennen lassen. Die Untersuchung
wurde an 25 rechtshändigen Männern durchgeführt, wobei den
Versuchspersonen Wodka-Orange verabreicht wurde. Das EEG wurde von den
Elektrodenpositionen FP1, FP2, F3, Fz, F4, C3, Cz, C4, P3, Pz, P4, OL sowie
OR gegen linked mastoid abgeleitet. Das Quasiexperiment dauerte ca.
3 Stunden 30 Minuten. Es wurden 25 Personen getestet, von denen 24
in die Analyse einbezogen werden konnten. Eine Person mußte
wegen Unverwertbarkeit der Daten ausgeschlossen werden. Es wurden
Varianzanalysen mit Meßwiederholungen gerechnet.
Die frühen, automatisierten Informationsverarbeitungsprozesse,
dargestellt durch die N100, P200 und das Vertexpotential, sowie die bewußten
Informationsverarbeitungsprozesse, ausgedrückt durch die P300 und
LPC, erfahren unter Alkoholeinfluß eine eindeutige Beeinflußung,
die im Detail folgendermaßen aussieht: Unter Alkoholeinfluß
kommt es hinsichtlich der N100, die mit Aufmerksamkeitsprozessen in Verbindung
steht, zu Amplitudenvergrößerungen. Die P200, das Vertexpotential,
die P300 sowie die LPC zeigen unter Alkoholeinfluß reduzierte Amplituden.
Hinsichtlich des Stemberg-Paradigmas (1, 3 oder 5 zu merkende Zahlen) kommt
es unter Alkoholeinfluß zu Latenzverkürzungen und beim 50:50-Paradigma
(leises Zählen von geraden und ungeraden Zahlen) kommt es zu Latenzverlängerungen,
wobei diese Effekte durch die Aufgabenbeschaffenheit und den Ressourceneffekt
erklärbar sind.
Gruppenunterschiede sind ebenfalls ersichtlich, wobei sie zwischen
Nichttrinkern und Nichtrauchern und Nichttrinkern, aber Rauchern am deutlichsten
ausgeprägt sind. Zudem ist ein Hemisphäreneffekt zu erkennen,
der darauf hinweist, daß es durch Alkoholeinfluß zum Wechsel
der anfänglichen linksseitig stärker ausgeprägten Aktivierung
auf die rechte Hemisphäre kommt.
Die Untersuchungsergebnisse können anhand der Ressourcenbeschränktheit,
der ‚biphasischen Wirkung von Alkohol, der Membranhypothese‘ sowie durch
die Erkenntnisse aus Untersuchungen der Hemisphäreneffekte erklärt
werden.