Interview in der Zeitung
"Die
Weltwoche" vom Dezember 2002 Nr. 51
«Der Krieg ist keine Frage der Moral»
Der britische Militärhistoriker John Keegan erklärt,
weshalb George W. Bush kleine, aggressive Staaten daran hindern muss,
Nuklearwaffen zu besitzen, und warum Amerika den Irak wahrscheinlich schon im
Januar angreifen wird.
.
1
Die
Uno-Inspektoren und der Sicherheitsrat studieren gegenwärtig den 12000 Seiten
umfassenden Bericht des Iraks über seine atomaren, biologischen und chemischen
Massenvernichtungswaffen. Was erwarten Sie von diesem Bericht?
Er ist Teil von Saddams Verzögerungstaktik. Ich glaube, jeder realisiert das.
Ich glaube auch, dass er riesige Mengen alten Materials enthält, das bereits
bekannt ist.
Wird diese Verzögerungstaktik Erfolg haben?
Die Amerikaner werden nicht warten.
Selbst wenn sie nicht die Unterstützung des Sicherheitsrats haben?
Ich glaube, sie sind der Meinung, dass die Unterstützung genügt, die sie jetzt
im Sicherheitsrat haben. Es wird sehr schwer für die Amerikaner sein, vom
eingeschlagenen Weg abzugehen. Ich glaube, sie sind entschlossen, Krieg zu führen.
Sie werden Saddam von seinem Thron stürzen.
2 Ist ein solcher Krieg politisch und moralisch gerechtfertigt?
(Lacht) Ich glaube nicht, dass dies eine Frage von Moral ist. Saddam ist ein
derart übler Mensch, dass wir uns über die Moral, Saddam anzugreifen, keine
Sorge machen müssen. Es gibt eine sehr interessante rechtliche Frage. Unter der
Charta der Vereinten Nationen hat man nur das Recht, Krieg zu führen, wenn dies
entweder zur Selbstverteidigung oder mit dem Einverständnis des
Sicherheitsrates geschieht. Selbstverteidigung ist in diesem Fall kein Casus
Belli, weil man nicht behaupten kann, Saddam greife die USA an. Dies wäre
wirklich ein Scheinargument. Deshalb müssen die Amerikaner sich entweder über
den Sicherheitsrat hinwegsetzen oder argumentieren, dass die bereits bestehenden
Resolutionen als Billigung genügen. Wie schwach auch immer der Sicherheitsrat
ist oder gewesen ist, hat er doch in Sachen Friedenssicherung eine recht gute
Vergangenheit, und es wäre deshalb nicht wünschenswert, dass er einfach
ignoriert wird. Aber ich bin sicher, dass die Amerikaner dies wissen, und so
werden sie ins Feld führen, dass die Resolution 1441 ihnen genügend
Rechtfertigung gibt.
Aber dafür müssen sie einen «material breach», eine irakische Missachtung
der Resolution, nachweisen können.
Sie werden keine Schwierigkeit haben, dies zu tun. Ich fürchte, einen «material
breach» kann man immer beweisen, wenn man ihn beweisen will.
3 Tun die Amerikaner das Richtige, wenn sie Saddam gewaltsam von der Macht
entfernen wollen?
Ja. Nicht weil er Saddam ist, und es hat auch nichts mit islamischem Terrorismus
zu tun, sondern es geht um die Verbreitung nuklearer Waffen (Proliferation). Als
der Kalte Krieg dem Ende zuging, dachte ich, dass jetzt kleinere Staaten
versuchen würden, in den Besitz von Kernwaffen zu kommen, nachdem sie zuvor
entweder von den USA oder der UdSSR darin gehindert worden waren. Dies war in
der Logik des Kalten Kriegs, als die beiden Supermächte die Welt
kontrollierten. Nach dem Ende des Kalten Kriegs entwichen grosse Teile der Welt
dieser Kontrolle, und die unmittelbare Folge davon war, dass einige Staaten,
darunter zuerst der Irak, versuchten, Kernwaffen zu erwerben. Ich konnte mir
nicht vorstellen, wie in einer Welt nach dem Kalten Krieg nukleare Proliferation
toleriert werden konnte.
Ihrer Meinung nach sind also Saddams nukleare Ambitionen und nicht sein
chemisches oder biologisches Waffenarsenal der Hauptgrund für den
amerikanischen Wunsch nach einem Regimewechsel?
Ja, chemische Waffen sind schwierig zu gebrauchen. Pocken ist eine wirklich bösartige
Waffe, aber mit den geeigneten medizinischen Massnahmen kann man ihnen
beikommen. Pocken sind ja ausgerottet worden und sind heute bloss eine Gefahr,
weil man aufgehört hat zu impfen. Anthrax ist ebenfalls schwierig zu benutzen,
weil die Sporen rasch verderben.
Immerhin haben die wenigen mit Anthrax verseuchten Briefe in den USA eine
ziemliche Wirkung gehabt. Man könnte doch einfach riesige Mengen von Briefen
mit Anthrax verschicken.
Anthrax hat in den USA nur wenige Tote gefordert. Ich weiss, es verursacht eine
schreckliche Panik. Aber ausserhalb des Labors überleben Sporen nicht lange.
Mit den meisten chemischen und biologischen Waffen verhält es sich ähnlich.
Wenn man sie zur richtigen Zeit an den richtigen Ort bringen kann, dann sind sie
schrecklich. Aber es ist sehr schwierig, dies zu tun und sie so wirksam
einzusetzen.
Wie steht es mit Terrorangriffen in Untergrundbahnen und Ähnlichem?
Es gibt gewisse Lokalitäten, in denen chemische und biologische Waffen sehr gefährlich
sind: Untergrundsysteme oder Tunnels, Alpentunnels. Aber ausserhalb dieser
beschränkten Lokalitäten sind sie nicht sehr wirksam.
4 Die Amerikaner handeln also aus Angst vor Nuklearwaffen?
Ja, ich habe dies immer geglaubt. Man kann kleinen, aggressiven Staaten nicht
erlauben, Nuklearmächte zu werden.
Aber dies kann auch anders als durch Krieg geschehen, wie der Fall Nordkorea
zeigt, wo die Amerikaner offensichtlich auf Diplomatie setzen.
Nordkorea ist in einer ganz speziellen Lage. Es ist von drei Grossmächten
umgeben: China, Russland und Japan respektive Amerika. Es hat nicht viel
Handlungsfreiheit. Möglicherweise besitzt es eine oder zwei nukleare Waffen,
aber es hat nicht den Handlungsspielraum, sie einzusetzen.
5 Sie sind also überzeugt, dass die USA gegen Saddam Krieg führen werden.
Wann?
Gegenwärtig können sie es nicht, weil die Truppen noch nicht dort sind. Wenn
sie jetzt mit der Verlegung der Truppen beginnen, könnten sie imstande sein,
Mitte Januar eine Operation zu beginnen, aber nicht vorher.
Und wenn sie das Zeitfenster Januar/Februar verpassen, was dann?
Der Sommer wäre eine schwierige Zeit, um zu kämpfen, weil man nicht gut
Schutzanzüge tragen kann. Herbst ist eine Möglichkeit.
Wenn Bush so lange zuwartet, läuft er dann nicht Gefahr, dass die Unterstützung
der amerikanischen Öffentlichkeit abbröckelt?
Es ist besser für die Amerikaner, es jetzt, also zu Beginn des kommenden
Jahres, zu tun. Je länger sie es hinausschieben, desto schwieriger wird es, das
Projekt zu verkaufen.
6 Nehmen wir an, die Amerikaner finden keine «rauchende Pistole», keinen
sicheren Beweis für ein fortgeschrittenes Nuklearprogramm des Iraks, der auch
die Europäer – die Deutschen, die Franzosen, die Russen – überzeugt, was
dann?
Den Amerikanern ist das egal. Ihnen ist gleich, was die Deutschen oder die
Franzosen meinen. Sie sind in einer sehr nationalistischen Stimmung, und sie
haben beschlossen, auch wenn dies vielleicht nicht logisch ist, dass Saddam Teil
der Bedrohung ist, die sie umgibt, und sie werden sich dieser Bedrohung
entledigen.
Die Amerikaner können sich über die Meinung der Deutschen und Franzosen
hinwegsetzen. Aber die Chinesen und vor allem die Russen können sie doch wohl
kaum ignorieren.
Ja, aber sie können sie zufrieden stellen. Die Russen haben ihre eigenen
Sicherheitsprobleme, die sie dringend lösen wollen. Die Amerikaner werden ihnen
sagen: «Wenn ihr kein Aufhebens wegen des Iraks macht, dann machen wir kein
Aufhebens wegen Tschetschenien oder wegen Zentralasien.» Die Russen wollen ihre
Position in Zentralasien erhalten, und die Amerikaner sind sehr willens, ihnen
dabei zu helfen. Es gibt eine Art gemeinsames Interesse der grossen Mächte in
all diesen Dingen. Sie wollen nicht zum Kalten Krieg zurück.
Und Grossbritannien? Wird Tony Blair, der den Krieg unterstützt,
Schwierigkeiten in der Öffentlichkeit bekommen?
Er wird Probleme haben, ziemlich grosse Probleme, weil es in Grossbritannien
eine Spaltung zwischen links und rechts gibt. Auch ein ziemlich grosser Teil der
Rechten will keinen Krieg mit dem Irak. Aber Blair geniesst genug Unterstützung,
um die Sache durchzuziehen
7 Wieso steht Blair so stramm hinter Bush? Aus Überzeugung oder wegen der berühmten
«special relationship»?
Ich glaube, die Amerikaner haben ihn überzeugt, dass eine Gefahr besteht. Er
ist auch echt proamerikanisch. Es ist ja sehr im Interesse Grossbritanniens, mit
den USA auf bestmöglichem Fuss zu stehen. Dies ist seit fünfzig Jahren unsere
Politik, und Blair fährt damit fort.
Wird es ein kurzer Krieg?
O ja. Kürzer als das letzte Mal.
Wird das Regime zusammenbrechen?
Ja.
Durch einen internen Aufstand?
Ich glaube nicht, dass die innere Opposition sehr wirksam ist.
Die Armee?
Die Armee wird davonlaufen, wie beim ersten Mal, 1991.
8 Haben Sie das nicht schon damals vorausgesagt?
Ja. Die Amerikaner werden eine Offensive eröffnen, worauf sich die Iraker in
grossem Umfange ergeben werden. Natürlich werden die Amerikaner dieses Mal ins
Land eindringen, statt an der Grenze anzuhalten. Ich glaube nicht, dass sie in
die Städte hineingehen werden. Es gibt in Basra und auch in Bagdad sehr viele
Schiiten, und Mosul ist eine kurdische Stadt, was heisst, dass Saddams
Herrschaft über die Städte viel weniger gesichert ist, als dies angenommen
wird. Wenn die Armee einmal anfängt davonzulaufen, wird das Regime
zusammenbrechen, und Saddam und seine Familie werden versuchen zu fliehen.
Vielleicht nach Libyen.
Was halten Sie von dem Szenario, wonach es im Falle eines amerikanischen
Angriffs auf den Irak in anderen arabischen und islamischen Staaten zu Aufständen
der Bevölkerungen gegen ihre Regimes kommen wird?
Ich glaube, die Sache wird auf den Irak beschränkt bleiben, besonders wenn der
Krieg kurz ist. In ihrem Herzen wären Assad und Mubarak entzückt, Saddam
verschwinden zu sehen, und die Saudis vielleicht auch.
9 Wie wird ein Angriff auf den Irak den Krieg gegen den Terrorismus
beeinflussen? Ist nicht denkbar, dass al-Qaida und andere Gruppen daraus Nutzen
ziehen könnten?
Dies ist möglich. Wir wissen nicht, wie der Krieg gegen den Terror wirklich läuft,
was Voraussagen erschwert. Wir wissen nicht, was die westlichen
Nachrichtendienste bisher über al-Qaida herausgefunden haben. Ich vermute, dass
sie vieles herausfinden. Was sie wissen müssen, ist, wo ihr Geld steckt, wer zu
ihrem Personal gehört, wo ihre Waffen herkommen, obschon Waffen für sie
weniger wichtig sind. Und dann interessiert sie natürlich, was ihre Absichten
sind. Ich vermute, dass sie bei der Suche nach ihren Finanzen vorangekommen sind
und wahrscheinlich die Bewegung dieser Finanzen stören können. Wieweit es den
Nachrichtendiensten gelungen ist, die Identität der Al-Qaida-Agenten
festzustellen, weiss ich nicht. Aus den Nachrichtendiensten dringt nichts nach
aussen. Wir wissen auch nicht, wie erfolgreich die Abhörung der Kommunikation
von al-Qaida ist. Wenn sie ihre Mobiltelefone brauchen, ist die Überwachung natürlich
einfach, aber ob es leicht ist zu verstehen, was sie zueinander sagen, ist eine
andere Frage.
10 Wenn Sie auf den bisherigen Verlauf des von Präsident Bush ausgerufenen
Kriegs gegen den Terrorismus zurückblicken, wie beurteilen Sie vorerst einmal
die afghanische Phase dieses Kriegs?
Der afghanische Teil war ein ausserordentlicher Erfolg, der jedermanns
Erwartungen übertroffen hat. Wie sich jetzt herausstellt, hatte dies vor allem
mit Geld zu tun, mit der guten alten zentralasiatischen Methode, den Feind zu
kaufen. Dies hat offenbar sehr gut funktioniert. Afghanistan war ein grosser
Coup, weil al-Qaidas Stützpunkte eliminiert und ihre organisierten Streitkräfte
zerschlagen wurden. Die zweite Phase – die Festnahme von Al-Qaida-Agenten –
war nicht annähernd so erfolgreich, weil sie sehr schwer zu verhören sind.
Soviel wir wissen, reden die Gefangenen in Guantanamo nicht, und da all ihr
Wissen in ihren Köpfen eingeschlossen ist, sind wir aufgeschmissen, wenn sie
die Fragen nicht beantworten.
Viele der Gefangenen wissen wahrscheinlich auch gar nicht viel.
Vielleicht ist das so, aber jedes kleine Stück Information hilft. Aber die
meisten sagen überhaupt nichts. Dies kennen wir von der IRA in Nordirland. Es
ist relativ leicht, in die IRA einzudringen, und die Briten haben dies auch
recht erfolgreich getan. Im Gegensatz dazu ist es schwierig, arabische
terroristische Organisationen zu unterlaufen, weil der Westen nicht genug
Arabisch sprechende Agenten hat. Araber scheinen auch dem Versuch, sie als
Einschleusungsagenten zu rekrutieren, grösseren Widerstand entgegenzusetzen als
beispielsweise Nordiren. Die Iren sind ein streitbares Volk, und man findet dort
immer Leute, die einen Groll hegen oder Rechnungen begleichen wollen.
Diese findet man sicher auch unter den Arabern oder den Pakistanis.
Vielleicht. Ich glaube, mit den Pakistanis wäre es leichter als mit den
Arabern. Es gibt eine Art arabische Brüderschaft, und sie verraten einander
nicht gerne, mindestens nicht gegenüber Westlern. Wenn ich dies von aussen
anschaue, scheint mir dies das Hauptproblem.
Wenn Sie zehn, zwanzig Jahre in die Zukunft schauen, glauben Sie, dass der
Westen von fanatischen Islamisten ernsthaft bedroht wird?
Sicher, ja.
11 Es gibt also den Krieg der Zivilisationen?
Nein. Es gibt keinen Krieg der Zivilisationen. Das war eine ziemlich
schwungvolle intellektuelle Theorie von Samuel Huntington. Die Führungsschicht
der islamischen Welt ist nicht besonders antiwestlich, während Teile der
muslimischen Bevölkerung es sind. Und diese richten ihren Zorn, wie Sie wissen,
oft auch gegen die eigene Regierung, in Ägypten zum Beispiel. Die Inspiration
beruht auf einem religiösen Idealismus, und es gibt auf der Welt nicht viele Führer,
die religiöse Idealisten sind. Die Führer sind nüchterne, praktische Männer,
die sich mit viel zu vielen Problemen herumschlagen müssen, als dass sie sich
um religiösen Idealismus kümmern könnten. Aber zweifellos herrscht im Islam
eine sehr aufgebrachte Stimmung. Wenn man in der Geschichte zurückblickt, ist
der Islam notorisch eine Religion von Wellen und Zyklen, die Perioden des
Niedergangs und der Reform durchläuft. Im Augenblick erlebt der Islam eine
Renaissance. Die Gefahr liegt bei mächtigen religiösen Lehrern und Propheten.
Mit mächtigen Waffen?
Sie haben unglaublich mächtige Waffen, gegen die der Westen keine wirksamen
Gegenmassnahmen hat.
Was halten Sie von der Theorie, dass wir ins Zeitalter der asymmetrischen
Kriege getreten sind?
Dies ist keine Theorie, sondern eine Beobachtung. Was kann eine israelische
Panzerbrigade gegen Selbstmordbomber ausrichten? Wenn die Fundamentalisten –
und sie sind wahrscheinlich muslimisch – mit diesem Projekt fortfahren, dann
wird dies eine tiefe Wirkung auf die reiche Welt haben, deren Ausmass wir nicht
einmal erahnen können, weil wir nicht gerne darüber nachdenken, was wir tun müssen.
Wir können nicht weiter eine «easy-going», zivilisierte, liberale
Gesellschaft sein, wenn wir ständig von brutalen Terrorangriffen bedroht
werden.
Man kann dies gegenwärtig in Israel erleben, wenn man sieht, was die Israelis
tun. Sie errichten riesige Mauern und Barrieren, und es gibt eine ernsthafte
Bewegung in Israel, die Araber zu vertreiben, sie nach Jordanien auszuweisen. Für
die Israelis ist es eine Sache von Leben und Tod. Für uns ist es das noch
nicht. Aber wenn diese Brückenköpfe von islamischen Einwanderern sich als
Brutstätten von Terrorismus erweisen sollten, könnte die Stimmung in der
westlichen Gesellschaft rasch umschlagen. Es könnten dann Forderungen nach der
Ausweisung von Einwanderern, nach Loyalitätstests, nach Überwachung, Einschränkung
ziviler Freiheiten laut werden. Alle Prinzipien, auf welchen die liberale
westliche Zivilisation beruht, wären dann gefährdet.
12 Noch vor zehn Jahren sahen wir ein goldenes Zeitalter des Friedens
anbrechen...
...weil wir ausschliesslich in Kategorien der Konflikte zwischen Staaten
dachten. Wir erkannten nicht, dass nichtstaatliche Organisationen auch mächtig
sein können. Al-Qaida hat uns gelehrt, dass nichtstaatliche Organisationen auf
eine unproduktive, völlig verantwortungslose Art grosse Macht ausüben können.
Al-Qaida scheint nicht zu beabsichtigen, an die Regierung zu kommen. Diese
Gruppierung will den Leuten, die sie hasst, schaden und Schmerz zufügen. Natürlich
möchten sie als fromme Muslime eine islamische Gesellschaft, die die ganze Welt
umfasst, schaffen. Aber dies liegt weit in der Zukunft. In der Zwischenzeit
strafen sie jene Menschen, die sie als Feinde des Islams sehen.
Glauben die Fundamentalisten wirklich, dass sie dereinst den Westen
islamisieren können?
Man kann Muslime finden, die dies sagen. In England gibt es sogar viele davon.
Eine Gruppe möchte in Grossbritannien die Scharia-Justiz einführen. Ich habe
nie von einer weltfremderen Idee gehört (lacht). Können Sie sich vorstellen,
dass die Briten dies je akzeptieren würden?
Werden wir jetzt jahrzehntelang mit asymmetrischen Konflikten leben müssen?
Solange die muslimischen Fundamentalisten fortfahren, den Westen zu hassen, und
glauben, dass der Islam nur dann den ihm gebührenden Platz auf der Welt
erreichen kann, wenn gegen seine Feinde Gewalt angewendet wird, wird dies so
sein.
Können wir nicht darauf hoffen, dass die grosse Mehrheit der Bevölkerung in
den islamischen Ländern schliesslich einsehen wird, dass Gewalt eine Sackgasse
darstellt und ihr Leben nicht verbessert?
Wie wir alle wissen, neigen die grossen Massen dazu, den leichtesten Ausweg zu
suchen und zu hoffen, dass Nichtstun sie schützt. Es sind die leicht zu
beeindruckenden jungen Männer – die es immer gibt –, die uns Sorgen
bereiten müssen.
...
Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen der kritischen Haltung, die in
Deutschland gegenüber Winston Churchill festzustellen ist, und der deutschen
Skepsis gegenüber den Irak-Plänen des amerikanischen Präsidenten? Sind die
Deutschen heute grundsätzlich pazifistischer als die Engländer?
Ich glaube, die Beziehung zwischen den Briten und den Deutschen ist sehr
seltsam. Als Individuen kommen sie sehr gut miteinander aus, besser als mit den
Franzosen. Die deutsche Lebensart ist der britischen sehr viel ähnlicher als
der französischen. Im Alltagsleben gibt es viele Ähnlichkeiten, aber zwischen
der deutschen und der britischen Denkweise gibt es so gut wie keine. Der
deutsche Geist ist für die Briten unverständlich. In Grossbritannien gibt es
nichts, was man mit der Anziehungskraft abstrakter Ideen auf die Deutschen
vergleichen kann. Die Briten denken sehr pragmatisch und praktisch, und das
spiegelt sich auch in der philosophischen Debatte. Wir sind Empiriker, während
die Deutschen Idealisten sind. Zwischen Empirikern und Idealisten gibt es keine
gemeinsame Basis.
weiteres :
Kampf gegen den Terror - Dossier in der FAZ (siehe dort Kasten links << )
.
17. 12.2002 in der SN
US-amerikanische Truppenbewegungen http://www.salzburg.com/servlet/scom2/searchresult?xm=375433&res=1