PORTFOLIOBEURTEILUNG -
ein Vorschlag - den wir im Laufe der 6. & 7. Klasse näher angehen sollten
Christian SITTE (GRG Wien 1 & Uni Wien) -------- Schülerinformationsseiten am GRG Wien 1
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I . Einleitung : II. Resümee nach d. Wintersem. & III. am Ende SS ( > unten)
Portfolios sind Sammlungen von zusammengestellten Belegstücken -
sei es die von Aktien (in einer Mappe), oder die von Arbeiten eines Journalisten für ein Vorstellgespräch (die auch bei immer mehr Bewerbungen zu verschiedensten anderen Berufen eingesetzt wird >> etwa hier) . Bekannt ist auch ein "Europäisches Sprachenportfolio" (** & **) - auf das aber hier von mir nicht näher eingegangen wird.
In der Schule bezeichnet man damit eine SAMMLUNG VON SCHÜLERARBEITEN , die der Schüler selbstständig und eigenverantwortlich erarbeitet und zusammengestellt hat. Es dreht sich dabei also um "ein Sichtbarmachen von Lernspuren" (Häcker, 2002, S.206). Portfolios sind nicht nur ein Instrument der Leistungskontrolle sondern stellen auch die Leistungsentwicklung dar (ebenda S. 208)
Ich glaube, daß neben der mündlichen Mitarbeitsleistung unterschiedlichster Form, die reine kurze Wiedergabe des Gelernten verbal oder auch auf Testblättern zuwenig weit greift - bzw. wird von Schülern diesbezüglich immer wieder über Streß und Zeitdruck durch knapp beieinander liegende Termine gesprochen. Auch glaube ich, daß in Hinblick auf ein zu entwickelndes Bewußtsein "Lernen und Leistung zeigen, ist eine Bringschuld der Schüler" die Möglichkeit geboten werden soll, darüber hinaus bzw. um dieses zu ersetzen, eine andere - durchaus auch flexibel den jeweiligen Bedürfnissen entsprechende - Form des individuellen Leistungsnachweises (und der Dokumentation seines Fortschritts) angeboten werden soll. Der Schüler soll dann in Gesprächen (etwa über Beispiele von "best practice" solcher Portfoliobeispiele - die wir auch bei den Klassenseiten im Netz verfügbar machen wollen) auch Evaluations- bzw. Bewertungsmaßstäbe und -kriterien selber mitentwickeln bzw. sich ihrer klar werden und somit sich und seine vorgelegte Arbeiten selber besser einschätzen lernen. Wichtig erscheint mir dabei auch der Aspekt, wie und woran man an den vorgelegten Dokumenten eine Entwicklung der Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse ersehen kann.
In der Folge möchte ich einige Rahmeninformationen für den im vorigen Schuljahr begonnenen Versuch mit "Direkten Leistungsvorlagen" in Geographie und Wirtschaftskunde in Oberstufenklassen skizzieren. Im Laufe der nächsten Semester werden wir aus den dabei gewonnenen Erfahrungen und Reflexionen uns gemeinsam einer besseren Leistungsfeststellungspraxis anzunähern versuchen.
Wie kann man dabei vorgehen :
a) es gibt vom Klassenlehrer eine Angebotsliste (etwa auf einer Wandzeitung oder auch als Anhang zur Klassenwebseite).
Die darauf angegebenen Möglichkeiten (über die mündliche Leistung hinaus) schriftliche Leistungsnachweise abzuliefern, sind unterschiedlich hierarchisiert - von einfacheren bis zu komplexeren Aufgabenstellungen.
b) Nach und nach sollten sich Klassen aber auch daran gewöhnen, selber Vorschläge für solche Nachweise aus dem Unterrichtsgeschehen heraus zu formulieren und die Eigenverantwortung entwickeln, sich selber um solche zu bemühen.
>>> hier könnt ihr einige Hinweise zu den verwendbaren Textsorten nachsehen >>> ( als Wh. eurer Kenntnisse aus dem Deutschunterricht ! )
Zur Beurteilungsmöglichkeit :
Einerseits werden unterschiedlich komplexe Aufgabenstellungen zur Auswahl gestellt . Anfangs montiere ich euch dazu ein Plakat in die Klasse. Darauf sind die möglichen Formen der Beiträge zu eurem Portfolio in ca drei Ebenen nach Anforderungshöhe hierarchisiert (etwa zunächst einfache Protokolle, Vorbereitungen aus dem Buch oder Videos die ihr mittels eines für eure Klassenkollegen schon zusammengefaßten Textes vorbereitet; Zusammenfassungen von einer oder mehrerer Quellen wie Artikel, Websits; eine eigenständige /ergänzende Rechercheaufgabe mit Darstellung und dabei auch neu gefundenen kommentierten Links zu einem im Unterricht behandelten Thema bzw. zu seiner Erweiterung/Vertiefung ....usw. ... )
Andererseits sollen bei Portfolios der Arbeitsaufwand & die Eigenständigkeit aber auch das Produkt beurteilt werden.
Leitfragen für eine Beurteilung können darüber hinaus sein :
- hat der Schüler eine seinem Alter und seinen Möglichkeiten entsprechende Recherche betrieben ?
- Hat er den Sachverhalt in verständlicher Form wiedergegeben ?
- hat er sich bemüht die Inhalte übersichtlich und ordentlich wiederzugeben ?
- Zeigt die Arbeit (deutliche) Ansätze von Eigenständigkeit ?
Hingewiesen soll auch werden, daß Internetrecherche der eines Nachschlagens in Büchern gleichgestellt ist - daher sind Quellenangaben von WWW Materialien nötig bzw. dürfen keine längeren Seiten/Texte nur direkt unkommentiert/unbearbeitet "nur einfach so" aus dem WWW mit "copy&paste" übernommen werden. Unreflektiert kopierte WWW Seiten sind für ein Portfolio, mit dem ihr ja etwas zeigen sollt, was ihr geistig geleistet habt - wertlos.
Wir sind in unserer Schule damit noch am Beginn - und werden laufend dabei um eine Verbesserung dieser Form uns unterhalten ...
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Lit.: SSR für Wien (o.J.) : Kriterien von Schulqualität....
BAMBERG M. (2000): Das Portfolio (d.Leistungsmappe) www.schule.suedtirol.it/blikk/angebote/reformpaedagogik/rp55090.htm
BRÄUER G. (2002) Reform durch Portfolios. PH Freiburg + hier und
derselbe, bes. hier an der PH : http://www.ph-freiburg.de/schreibzentrum/portfoliozwei.htm
HÄCKER Th. H. (2002) Der Portfolioansatz - die Wiederentdeckung des Lernsubjekts. In: Die Dt. Schule 94, H. 2, S. 204-216
LISSMANN U. (2001) Die Schule braucht eine neue päd. Diagnostik.
Formen Möglichkeiten und Bedingungen der Portfoliobeurteilung. In.: Die Dt. Schule 93, H. 4, S.486-497
SCHIESTL G.( 2002): Physik - Arbeitsmappe . In http://members.chello.at/vcl-wien/schummeln.doc SSR :; neue Wege der schriftlichen Leistungsfeststellung an AHS in Wien. Seite 37-40 ; + Kompetenzen : ebenda, S. 50ff
VIERLINGER R. (1999) Leistung spricht für sich selbst . "Direkte Leistungsvorlage" (Portfolios). Heinsberg (z.T dazu hier)
WINTER F. Prüfung mit Portfolios: in : gew.de = "Erziehung & Wissenschaft" , H. 2/2002, S. 22)
( Ch.S. , Wien im Dezember 2002 ) ___________________________________________________________
>>> dazu erschien in GW-UNTERRICHT 31/2003 folgender Artikel : Ch.SITTE, Portfoliobeurteilung in Realienfächern
.
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ZU
DEN
PORTFOLIOS
aus
Geographie
und Wirtschaftskunde im Wintersemester
2002/03
:
1.
Es
sind z.T. sehr schöne und engagierte Arbeiten abgegeben worden
und
ich bin der Meinung, daß man bei einer Reihe von Leuten eurer Klasse ganz schöne
Lernfortschritte gesehen hat.
2.
Das
wohl größte Problem für einige aber war sicher die Zeiteinteilung.
Obwohl
mehrfach angeregt, begannen viele leider erst im Jänner etwas zu erarbeiten.
Damit
verwarf man den meiner Meinung nach wichtigen Vorteil, sich die Arbeit,
entsprechend des Arbeitsanfalls der aus den anderen Fächern entstand,
einzuteilen. Diejenigen, die rechtzeitig - kleinweise anfingen, wissen das.
Die Abgabe in den beiden letzten Tagen vor dem Ende der Noteneintragefrist machten es mir auch unmöglich, etwaige Verbesserungsvorschläge anzubringen.
3.
Was
sollte noch
verbessert werden :
a
)
Denkt bitte daran, welche verschiedenen Textsorten ihr in Deutsch
Hier werde ich in Zusammenarbeit mit euren Deutschlehrern im Februar nochmals eine Seite mit Link darunterhängen, die diese wiederholen und erläutern wird )
b
)
Auch in Informatik der 5. Klasse habt ihr einige Bedingungen für die
Abfassung von Texten in Word kennen gelernt.
c
)
d.h. Jeder Text der abgegeben wird,
sollte neben einer klaren Themenbezeichnung, den Namen (bitte in eurem Alter
schreibt man bei solchen Arbeiten nicht mehr nur den Vor oder Kosenamen hin !),
ferner auch das Datum enthalten.
e
)
Ich sagte euch mehrfach, daß es normal ist, aus anderen Textquellen Dinge heraus zu
nehmen.
ABER
: Ich möchte wissen WOHER das stammt, d.h. man schreibt dann unten dazu eine
Form des Zitates (im Allgemeinen sind das : der AUTOR, das JAHR - oder zumindest Publikation,
Abbildung im Buch UND Seitenangabe - bei Zeitung
nennt den Namen und Datum
der Artikelveröffentlichung -
oder man kopiert den verwendeten Link von Webseiten unten (oder nach dem Absatz in einer
Klammer) beim abzugebenden Text hinein.
f
)
Solche Verweise können dann für andere auch eine große Hilfe sein : Denn so manches findet jemand bei seiner Suche, das auch für andere (etwa dann auf
unserer Klassenwebseite beigefügt) gewinnbringend verfügbar gemacht werden kann - zweitens gehört
sich das in einer einigermaßen akademisch ausgerichteten Arbeitsweise - drittens
nehme ich mir das Recht
g
)
daher nochmals : QUELLENANGABEN sind nicht nur erlaubt, sondern auch erwünscht - siehe
Punkt 4 - ein Umgang mit ihnen, ihrer Auswertung u. ev. Recherche ist eines der
Bildungsziele einer AHS. Was aber n
i c h t gewertet werden kann ist,
einfach seitenweises reines Abschreiben oder gar nur „kopieren &
einfügen" eines unkommentierten Artikels oder einer Webseite aus dem Netz !
h ) Selbstverständlich können auch eigenständige Recherchen vor Ort, Interviews, Erhebungen etc., wenn sie Sinn machen und das Thema abrunden, ergänzen ... eingebracht werden.
4.
Zusammenfassung :
Entsprechend
des auf der aufgehängten Matrix des Notenpragraphen
vom BM:BWK definierten Notenschlüssels,
a
)
sind ZUSAMMENFASSUNGEN eines Artikels, eines Videobeitrages, oder dasselbe bei
Buchkapiteln die erste Niveau
-Stufe . Wichtig erscheint mir bei ersteren die Einordnung (Position von der aus
der Text verfaßt worden ist ) + ein Herausarbeiten der wichtigsten Argumentationspunkte
bzw. bei Schulbuchabschnitten auch das Ausarbeiten der dort in der Regel
beigegebenen Fragen
! (Videos können selbstverständlich auch danach von jedem als schriftliche Darstellung/Zusammenfassung
abgegeben werden, wenn man sie - etwas kürzer - ohne Mitnahme des Bandes mir in
der nächsten Stunde abliefert - aber auch dieses könnte man mit eigenem
Material ergänzen ... wodurch es den Charakter des Niveaus von b)
bekommen kann )
a
1 )
etwas stärker - je nach Komplexität (auch gleichwertig mit b) bewerte ich die
schriftliche Präsentation von Fachbuchabschnitten - besonders sozusagen als
Voraus oder Ergänzung - z.T können diese dann auch zusätzlich in einem
Kurzreferat dargestellt werden.
b
)
eine etwas höher bewertete zweite Niveaustufe besteht in VERGLEICHEN zweier
oder mehrerer Quellen zu einem Thema - schriftlich oder aus den auf unserer
Klassenwebseite angeführten Links u.a. virt. Materialien.
c
)
dritte Stufe kann sich aus a1 & b entwickeln, bzw. besteht in einer stärkeren,
eigenständigen Dokumentations- und Recherchekomponente. Sowohl mit
Papiermaterial (Zeitungsausschnitten...), Bearbeitung von Videomitschnitten von
Fernseh-Diskussionen,
von Webseiten (hier gebe ich in der Regel direkt (etwa Buch in der Bibliothek ,
Zeitschriftenartikel etc.) oder über die Klassen-Webseite einen Ansatzpunkt euch
an - den ihr weiterverfolgen sollt/könnt. Hier ist auch Kreativität und Interesse
gemeinsam mit einem etwas weiter gefaßten Blickwinkel gefragt.
5.
und Schluß :
Mir
ist klar, daß nicht jeder von euch die Stufe c)
ableisten muß.
Grundfundament
wäre meiner Meinung nach auch die von uns in der Stunde geleistete
verbale-diskutive Auseinandersetzung (Zusammenfassung, Einordnung, Bewertung
...) von den Unterrichtsthemen. Ebenso die zumindest zeitweise
Auseinandersetzung mit dem Zeit- und Wirtschaftsgeschehen in den Massenmedien -
an den Wochenenden gibt es sowohl die Presse, den Standard als auch die Wiener
Zeitung ....
Manches
was ihr mir hier an direkten Beiträgen - in der Stunde, als Wiederholungen,
eingebrachten Fragestellungen ... einbringen solltet und aus verschiedenen Gründen
nicht liefert, könnt ihr auch durch die eine oder andere - auch auf a) - Niveau
geleistete - Zusatzabgabe ausgleichen.
Mir
ist klar, daß nicht jeder von euch (gleich) in der Stufe c) seine Arbeiten
abliefern wird können - Sicher spielt dabei auch die bisher von euch in eurem
Schulleben und einem aufgeweckten Wahrnehmen der Welt um euch herum (Interesse
etc.) eine Rolle und das zeigt sich dann halt in der „Substanz“ und dem
Background den ihr mitbringt...
aber
eine Stufe "Befriedigend" müßte eigentlich jeder - dann halt mit einigen
Arbeiten mehr in der Niveaustufe 1 und 1a - erreichen können.
WICHTIG
ERSCHEINT MIR -
-
AUCH
DAS IST NÄMLICH EIN WESENTLICHER ASPEKT BEI PORTFOLIOS -
DASS
DIE VON EUCH ANGEFERTIGTEN LEISTUNGSBELEGE EINEN GEWISSEN FORTSCHRITT IN EURER
SCHULKARRIERE ÜBER DAS JAHR HIN AUFZEIGEN KÖNNEN.
III. Resümee am Ende der Sommersemesters :
In der Regel mußten - bei einigermaßen regelmäßiger Frequenz ( >> mündl. oder auch kleinere schriftl. Mitarbeitsleistungen) ZWEI Portfolios abgegeben werden - für "Sehr gut" - Beurteilung eine Dritte Portfolioleistung dazu - bzw. eine solche auch wenn eines der abgelieferten schwächer war oder die Anwesenheitsfrequenz im Semester sehr zu wünschen übrig ließ.
Als Bedingung war auch am Beginn des SS im Februar ausgemacht gewesen, daß das erste Portfolio
mir bis Ostern zu zeigen wäre (zumindest in Rohform). Einige Leute haben sich daraufhin aus der Portfoliobeurteilung selbst herausgenommen und ich mußte sie mitunter etwas stressiger dann prüfen - vielleicht ergreifen diese paar dann nächstes Jahr die flexiblere und - wie man mir vielfach mitgeteilt hat - auch weniger stressige - aber nicht desto trotz befriedigendere Arbeitsform .
INSGESAMT wurden aber auch sehr schöne Arbeiten abgegeben !
Bei vielen von Euch merkte man am Ende des Schuljahres ganz gewaltige Fortschritte - sowohl was die Ausfertigung, Kreativität, als auch den Umgang mit Bibliothek, CD-ROMs oder WWW u.a. Quellen betrifft !
Auch ich habe so viel mehr über Euch und Eure Leistungen und Ideen erfahren, als mir das bei den leider auch paar Leuten der Fall war, die mir nur die Möglichkeit einer konventionellen Beurteilung gegeben haben !
Wir werden im nächsten Jahr daran weiterarbeiten und sowohl Verbesserungen der jetzigen als auch neue Formen von Portfoliodarstellungen zu entwickeln !
Jetzt aber erst mal gute Erholung und schöne Ferien !
Ch.S. im Juni 2003
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<<< Quellseite : http://mailbox.univie.ac.at/Christian.Sitte/FD/schullinks.html 06.06.2003 ch.s.