ZUR  KLEINMASSSTÄBIGEN  TOPOGRAPHISCHEN ÜBERSICHTSKARTE IM  SCHULATLAS

 

Zwei Artikel von Wolfgang SITTE in d. Zeitschrift GW-UNTERRICHT/Wien

 

-          Ein neuer Kartentyp für die Atlanten der 10-14jährigen (In. GW-UNTERR. 48/1992, S.60-63)

-          Wir brauchen einfache, von Kindern leicht wahrnehmbare kleinmassstäbige topographische Übersichtskarten (In: GW-UNTERRICHT 50/1993, S. 62-64)

 

EIN NEUER KARTENTYP FÜR DIE ATLANTEN in d.Schule d.10-14j.?

Die diesem GW-U Heft beiliegende Darstellung von Afrika  ist ein Ausschnitt aus einer von der kartographischen Anstalt Freytag-Berndt und Artaria in Wien vor 2 Jahren - nicht für die Schule - neu entwickelten Weltkarte im Format 114 cm mal 73 cm. Auf dem hier gezeigten Ausschnitt wurde absichtlich die dort in schwarz gehaltene Beschriftung weggelassen. Die Zeitschrift GW-U möchte diesen Kartentyp der österreichischen Lehrerschaft vorstellen. Vielleicht wird damit eine sachliche Diskussion über die sogenannten physischen (Erdteil-)Karten in unseren Unterstufenatlanten ausgelöst.

 

Nach W. WITT [1] sind "physische" Karten "kleinmassstäbige topographische Karten mit hervortretender farbiger Geländedarstellung". Ihr Name stammt noch aus der Zeit, als es in den Schulatlanten (und bei den Schulwandkarten) nur zwei Arten von Katen gab: politische (Staaten-) Karten die vornehmlich Höhen und Tiefen sowie Gewässer zeigten. Die zuletzt genannten wurden oft auch als "Berg- und Flußkarten" bezeichnet. Noch 1951 unterscheidet H. SLANAR im "Österreichischen Mittelschulatlas" [2] Physische  Übersichtskarten, Politische Übersichtskarten und Angewandte Karten - zu letzteren zählte er alle thematischen Karten.

 

 Die kleinmassstäbigen topographischen Karten mit hervortretender farbiger Geländedarstellung und angereichert meist mit Gewässern, Siedlungen, einigen Verkehrslinien, Grenzen und einem dazugehörenden Namensgut stellten lange Zeit das Hauptkontingent in den Schulatlanten [3] . In letzter zeit ist ihr Anteil zurückgegangen [4] , doch bilden sie auch noch heute ein charakteristisches Element in diesen. Und im Unterricht werden sie meist viel häufiger eingesetzt als die Thematischen Atlaskarten [5]. Ihre Hauptaufgabe wird heute in der Hilfestellung bei der Vermittlung von topographischem Orientierungswissen gesehen, was in der Neubearbeitung des "Österreichischen Unterstufenatlas" 1992 auch in den Kartenseiten zum Ausdruck kommt [6]. Dabei können diese Karten nur ein topographisches Orientierungswissen im Sinne von positionsmäßigem Festlegen geographischer Namen bieten (etwa: Somalia ist ein Staat im östlichen Afrika) - sieht man von einer groben Abschätzung der Meereshöhe ab. Die Verbindung dieses einfachen topographischen Wissens mit einem thematischen Orientierungsraster (beispielsweise: Wüste und Trockensavanne prägen den Großteil Somalias), wie zum besseren Erwerb topographischer Kenntnisse immer wieder gefordert wird, ermöglicht diese Karte nicht (Anm. Ch.S. 2001: vgl. zur Topographie nach der Lehrplanerneuerung 1985 - HITZ H. , ebenso Ch.SITTE 1996 ) [7].

Auch verhindert ihre starke Generalisierung, die bei den kleinen Massstäben nun einmal erforderlich ist, und die meist viel zu dicht aufgedruckten Namen [8] morphologische Aussagen. Man versuche beispielsweise, Schülern aus der physischen Karte von Nordamerika im Massstab 1:25 Millopnen oder 30 Millionen ein West-Ost-Profil durch die USA zeichnen zu lassen - eine Voraussetzung für das Erkennen der Großformen dieses Raumes !

 

Die aus pädagogischer Sicht aber gravierendste SCHWACHSTELLE  dieser kleinmassstäbigen topographischen topographischen Karten mit hervortretender farbiger Geländedarstellung ist ihre farbige Höhenschichtendarstellung.

Sie entwickelte sich aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen und den technischen Möglichkeiten des 19. Jh. Und war  d a m a l s  bei kleinmassstäbigen Karten die wohl beste Lösung für das Problem, die  d r e i - dimensionale Geländeplastik der Erdoberfläche in der z w e i - dimensionalen Kartenebene zu veranschaulichen [9]. Heute stehen der Kartographie dafür weit bessere Methoden und Mittel zur Verfügung [10] .

Die auch in den neuersten  Schulatlanten erhalten gebliebene Farbfolge von grün über gelb zu rotbraun vermittelt den Schülern völlig  f a l s c h e  Landschaftseindrücke - und das meist schon bei ihrer ersten Begegnung mit geographischen Karten. Pädagogen kritisieren diesen Nachteil schon seit rund 100 Jahren: "Die Schulkartographie hat vergessen, daß Relief, Bewässerung und Besiedlung alleine noch nicht das Gesicht eines Landes ausmachen. Dazu gehört auch der Wechsel von Fels und Eis, Wald und Matten im Bergland, von Wiesen und Ackerland, von Moor und Heide in Flachgebieten. Wollen die Landkarten ihren Zweck künftighin allseitig erfüllen, so haben sie diese rein landschaftlichen Elemente neben den oro-hydrographischen gleichfalls in großen Zügen zur Darstellung zu bringen. Nun weiß ich wohl, daß der kartographischen Technik eine außerordentlich schwierige Aufgabe erwächst, wenn sie diesem ihrem letzten Ziel nahe kommen will. Eine Reihe von Versuchen wird nötig sein, um alle geographischen Elemente auf den Schulkarten so zu vereinigen, daß sie ihrem unterrichtlichen Wert entsprechend hervortreten. Aber wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg." [11]  Und 1961 schrieb E. LEHMANN. "nicht nur das Relief mit dem Flußnetz soll Gegenstand der physischen Karte sein, sondern j e d e r  Wesenszug - einschließlich des Reliefs - der Grundvorstellungen einer natürlichen Raumordnung erzeugt. Was sich bei dieser Sicht aus dem Flugzeug unter den Augen des Beobachters in Form von Wäldern, Savannen, Steppen oder Wüsten als Widerschein von Wirkungen abzeichnet, die durch den wechselnden Charakter des Großklimas hervorgerufen und durch das Relief in bestimmter Richtung gesetzmäßig variiert werden - dieser große  Zusammenhang ist es, der den Kartographen zu einer sinnbildlichen Gestaltung aufruft " [12].

 

Welch methodischer und zeitlicher Aufwand wurde von gewissenhaften Lehrern betrieben, um Kindern die abstrakte Grün-Gelb-Braun-Geländedarstellung zu veranschaulichen ! Und wie schauen dann oft die Ergebnisse aus ? Da deuten Maturanten das schöne Grün der Jamal-Halbinsel (an der Karasee) als Taiga oder dasjenige der Kaspischen Senke als fruchtbares Wiesenland ! Dazu kommt die uneinheitliche Farbabstufung - sogar in ein und dem selben Schulatlas [13] sowie unterschiedliche, oft nicht leicht zu unterscheidende Farbtöne, die den Vergleich erschweren bzw. überhaupt verhindern. So dürfen wir uns nicht wundern, daß durch diese Karten Fehleinstellungen entstanden, die später sehr schwer auszumerzen sind. [14]

 

Warum halten unsere Schulatlanten aber an diesen Karten solange fest und versuchen sie durch kostspielige Retuschen noch weiter zu verankern ? Es sind die fixen Gewohnheiten vieler Lehrer [15], die um den Absatz bangenden Verlage, das bislang geringe innovative Agieren der Atlas- und Approbationskommissionen (des Unterrichtsministeriums) und nicht zuletzt die kartographische Ausbildung der bisherigen Hauptschul- und AHS- bzw. BHS-Lehrer, die  z u w e n i g  oder gar nicht auf die Problematik aufmerksam gemacht hat und keine Lösungsmöglichkeiten vorstellte [16].

Die Volksschullehrerinnen, die im Sachkundeunterricht Kindern erstmalig in der Schule kartographische Produkte zum Auswerten geben (sollten), haben auf den Pädagogischen Akademien überhaupt keine kartographische Ausbildung ! (Anm. 2001: dementsprechend grässlich ist z.T. das - von einer Reihe kleiner Privatverlage angebotene diesbezügliche Unterrichtsmaterial !)

 

Der von FREYTAG & BERNDT und Artaria, wie oben geschilderte, neu entwickelte Kartentyp, von dem wir hier in diesem GW-U-Heft als Beispiel AFRIKA bringen, böte die Möglichkeit, seine praktische Unterrichtseignung in den Schulen der 10-14jährigen weitflächig auszuprobieren. Das könnte bei der Weiterführung der Neubearbeitung (1996) des von F&B herausgebrachten "Unterstufen-Schulatlas" geschehen (WS 1992: indem man dort die Erdteilübersichtskarten durch Karten des neuen Typs ersetzt). Anm. 2001: In seiner Ausgabe 1996 erschien dann auf S. 130/131 diese Kartenform als "ERDE - Naturräumliche Gliederung/Großlandschaften" 1: 90 Mio (leider mit dem bitteren Beigeschmack einer stark zylindrisch abbildenden Projektion) und auf s. 88 als Ausschnitt "EUROPA: Oberflächenformen/Tektonik" 1: 20 Mio.

 

Der in diesem Heft auf DIN-A-4 vergrößerte Ausschnitt AFRIKA  hat den Massstab 1: 35 Mio. Diese Größe reicht für Erdteilübersichten (mit Ausnahme Europas) in der Unterstufe vollkommen.

Das Kartenbild der Afrikakarte bestimmt die B o d e n b e d e c k u n g (Tropischer Regenwald, Feucht- und Trockensavanne, Halb- und Vollwüste). Trotz ihrer kräftigen wirklichkeitsnahen Farben unterdrückt sie nicht die Geländemodellierung. Man vergleich beispielsweise das Kongobecken mit seinen Schwellen im Norden und Süden, die Erhebungen der Drakensberge, das Massiv des Dschebel Marra oder die Ketten des Atlasgebirges auf unserem Beispiel mit der Afrikakarte ,1: 30 Mio auf S. 108/109 im Unterstufen-Schulatlas. Wie deutlich kommt das ostafrikanische Grabensystem auf unserer Landschaftskarte heraus. Sicher man könnte auf ihr noch kleine Verbesserungen anbringen, etwa durch überlegtes Eintragen einiger wichtiger Höhenkoten. Die Schriftleere aber sollte bleiben (unsere Beispielskarte zeigt nur die auf der Blauplatte vorhandenen Gewässernamen.

Schon Alexander von HUMBOLDT machte darauf aufmerksam, daß "nur leer erscheinende Karten sich im Gedächtnis einprägen".  Weil wir aber in den Schulatlanten  natürlich topographische Angaben brauchen, könnte ich mir vorstellen, daß solche auf einer im Atlas eingebundenen, ausklappbaren Transparentseite inklusive der Staatsgrenzen eingetragen sind (darauf könnten Schüler selbst leicht Änderungen vornehmen, bzw. topographische Ergänzungen erfolgen, die der Lehrer für notwendig hält.

 

Während die üblichen Grün-Gelb-Braun-Erdteilkarten unserer Schulatlanten, wie oben gezeigt wurde, nicht sehr aussagekräftig sind (aber viele Atlasseiten beanspruchen), informiert der hier vorgestellte "Landschaftskartentyp" nicht nur über die Bodenbedeckung und das Relief alleine, sondern ermöglicht  IN DER ZUSAMMENSCHAU  dieser beiden Kartenelemente mit dem Gewässernetz auch entsprechende Aussagen zum Klima und damit zu wichtigen Naturvoraussetzungen des Lebens und Wirtschaftens. Den Einwand, daß es sich bei diesem für Österreichische Schulatlanten (ähnliche vgl. schon früher die Ausgaben des ALEXANDER-Atlas bei Klett) neuen Kartentyp nicht um objektiv richtige sondern nur wirklichkeitsnahe Darstellungen handelt, muß entgegengehalten werden, daß dieses Ziel in kleinmassstäbigen Schulkarten nicht erreichbar ist.

 

In einem zukünftigem Schulatlas, in dem die Erdteilübersichten durch diesen neuen Kartentyp dargeboten werden, könnten die Aussagen durch eine  Bevölkerungsverteilungskarte in Punktmethode sowie eine Wirtschaftskarte - sie zeigt auch die wichtigsten Verkehrslinien - in gleichen Massstäben vergrößert und das integrative Denken der Schüler zudem gefördert werden. Es würde sich also lohnen, einen Versuch mit diesem Kartentyp zu machen !

 

 

WIR BRAUCHEN EINFACHE, VON KINDERN LEICHT WAHRNEHMBARE KLEINMASSSTÄBIGE TOPOGRAPHISCHE ÜBERSICHTSKARTEN    

Wolfgang SITTE 1993

 

In GW-UNTERRICHT Nr. 48 stellte ich anhand der F&B-Kartenbeilage einen Kartentyp vor und plädierte dafür, ihn zumindest einmal versuchsweise im F & B Unterstufen-Schulatlas einzuführen. Versuchsweise deshalb, weil diese kartographische Anstalt jetzt unter Leitung von Univ.Prof. Dr. F. Mayer ihren Unterstufen-Schulatlas jetzt etappenweise umstellt. Neuentwicklungen von Karten sind sehr teuer. Es ist verständlich, daß Verlage, noch dazu in der derzeitigen ungewissen Schulbuch- und Atlassituation 1 vorsichtig agieren. Dazu kommt der bekannte Konservativismus gewisser Lehrer, der (kartographischen) Neuerungen manchmal skeptisch gegenübersteht 2 .

...

Die kartographischen Probleme und didaktischen Schwächen dieses Typs der in unseren Schulatlanten enthaltenen kleinmassstäbigen topographischen Übersichtskarten sind oft und ausführlich geschildert worden (siehe oben). Es wäre jedoch ein Fehler, kleinmassstäbige, topographische Übersichtskarten deshalb überhaupt aus unseren Schulatlanten herauszunehmen und sie etwa durch Satellitenbild-Mosaikkarten zu ersetzen. Diese informieren zwar vielseitig und detailreich über Bodenbedeckung und Bodennutzung, können aber niemals die Hauptaufgabe jener Karten übernehmen.

Die wichtigste Aufgabe der kleinmassstäbigen topographischen Übersichtskarten besteht nämlich darin, beim Aufbau des von er Öffentlichkeit geforderten und in den Lehrplänen auch verankerten topographischen Orientierungswissens zu helfen. Dazu braucht man Übersichtskarten großer Räume, deren Erscheinungsbild sich dem Gedächtnis der 10-14jährigen leicht einprägt. Das wird nur dann eintreten, wenn diese Karten n i c h t  mit Informationen  ü b e r l a d e n  sind, sondern das im Sinne ihres Verwendungszweckes Wesentliche einfach und leicht wahrnehmbar darstellen3 .  Im Zusammenhang mit dem Aufbau eines topographischen Orientierungswissen ist die Erkenntnis wichtig, daß topographische Begriffe beziehungsloses Einzelwissen bleiben und relativ schnell wieder verloren gehen, wenn man sie nicht in räumliche Raster einbettet und mit anderen Bildungsinhalten verknüpft 4. Orientierungsraster gliedern den Raum nach unterschiedlichen Gesichtspunkten.

In der S I werden u.a. das Großrelief der Erde, Klima- u. Vegetationszonen, Gliederung nach Staaten bzw. überstaatlichen Organisationen verwendet. Alle gleichzeitig auf eine Karte einzutragen würde die Unübersichtlichkeit erhöhen. Auch ein zu dicht eingetragenes Namensgut würde die Einprägsamkeit behindern. Daher der uralte Vorschlag dieses eventuell mit den Staatsgrenzen auf eine ausklappbare Transparentseite zu drucken. Diese ist zwar ein technisches Problem, kostet aber sicher nicht mehr als die z.Z. dem Unterstufen-Schulatlas (von F & B) beigelegte Brille für das Anaglyphenbild.

 

Wichtig erscheint mir, daß die kleinmassstäbigen Übersichtskarten der einzelnen Erdteile jeweils einfache und einprägsame Aussagen zum Relief und zum Klima bzw. zur Vegetation aufweisen. Diese Forderung erfüllen die derzeitigen kleinmassstäbigen topographischen Übersichtskarten in unseren Schulatlanten  n i c h t !

Sie sind noch immer dem "orographischen Denken", das bloß zwischen Hoch- und Tieflage unterscheidet, verhaftet, wobei die Behauptung, daß man auf ihnen aber für jeden Punkt der Karte die absolute Mehrershöhe ermitteln kann, beim Überprüfen leicht widerlegbar ist:

Überprüfen Sie bei guter Beleuchtung, ob ihre Schüler auf der Europakarte die Meereshöhe von Ljubljana, Kassel oder Bozen ermitteln können, bzw. im F & B - Atlas nur nach der Farbenskala auf s. 90 Höhen zwischen 2000 und 4000m zu differenzieren imstande sind (gleiches gilt im übrigen auch für die anderen in Österreich verwendeten Atlanten !).

Und trotz oder wegen dieses "orographischen Denkens" kommt sogar die Darstellung der Großformen in Schwierigkeiten. Sie kann man anschaulich mit der Farbhypsometrie   n i c h t  abbilden. Dazu braucht es einer guten Schummerung mit eingeführten charakteristischen Höhenzahlen. Sie modelliert durch ihre Licht- und Schatteneffekte vor allem die Gebirge als ein wichtiges Orientierungs- und Gliederungselement plastisch heraus. Beim Weglassen der traditionellen farbigen Höhenschichten, die ein wirklichkeitsfremdes, gedankliches Konstrukt sind, kann man aber  n a t u r ä h n l i c h e  oder bestimmte Assoziationen hervorrufende Flächenfarben für andere Landschaftsfaktoren einsetzen, z.B. zu einer groben Klima- und Vegetationsgliederung ! Für den Einbau einer Klimadarstellung ist besonders LEHMANN 5 eingetreten, weil das Klima ein wichtiger landschaftsgestaltender Faktor ist und im Gegensatz zu Anbauflächen sich nicht ändert.

 

Mein Vorschlag, einen neuen Kartentyp im F & B Unterstufen-Schulatlas versuchsweise einzuführen, wurde auch durch den Umstand veranlaßt, daß die Kartographische Anstalt Freytag und Berndt Karten neu entwickelt hat, die neben einer Darstellung des Großreliefs auch Aussagen zur Vegetations- bzw. Klimagliederung enthalten. Sie wurden, nicht für schulische Zwecke bestimmt, aus mit großem Arbeitsaufwand erstellten handkolorierten Originalen hergestellt. (vgl. in der Auflage 1996 S.  130/131). Aus einer zuerst publizierten Karte der gesamten Erde brachte GW-U 48 den Ausschnitt, der Afrika zeigte und neben dem Großrelief vor allem die Abfolge Tropischer Regenwald-Savanne-Wüste abbildete (Im Unterricht der Unterstufe - S I - ist das Erkennen und Einprägen dieser sehr einfachen Darstellung fachdidaktisch wichtiger als die Erfassung von Schichtstufenländern oder Rupflandschaften ! )

 

Heute liegt im GW-Unterricht in Ausschnitt (in Unterstufen-Schulatlas, Ausgabe 1996, dann auf S. 88 als Grundlage verwendet - Anm. 2001) aus der eigens wieder für nichtschulische Zwecke zunächst gefertigten Europakarte bei (Format DIN-A-4, ca 1:13 Mio). Auch bei ihr handelt es sich um ein Beispiel, das wie die Afrikakarte (in GW-U 48/1992) noch verbesserungsfähig ist, das aber gleich dieser zeigen soll, welche neuen Möglichkeiten bei der Gestaltung kleinmassstäbiger topographischer Übersichtskarten in unseren Schulatlanten zur Verfügung stehen:

Man vergleiche den Ausschnitt mit der Europakarte in unseren Schulatlanten (Ausgaben vor 1995 F & B S. 90/91, Hölzel 70/71) z.B. hinsichtlich der Einprägsamkeit der Darstellung des Großreliefs. Es werden aber auch manche Details des Reliefs besser als auf den erwähnten Karten in den Schulatlanten dargestellt. Zum Beispiel: Bergland von Wales, Steilabfall der Cevennen,  Oberrheingraben, Rheinisches Schiefergebirge, Erzgebirge, Vesuv, Ätna etc. Da im Falle einer Darstellung der Bodennutzung ein zu vielflächiges und daher wahrscheinlich verwirrendes Buntmosaik herauskommen würde, wurde mit den Flächenfarben, die vom Farbeindruck der Erdoberfläche aus dem Flugzeug abgeleitet sind, annähernd das Klima angedeutet, wobei gelbliche Töne Trockenheit, graublaue kühlere Gebiete anzeigen.  Die Unterschiede im Farbton der Alpen und der Karpaten, des Skandinavischen Hochgebirges und der Dinariden veranschaulichen auch Verschiedenheiten im Charakter dieser Gebirge.

 

Ich schließe mit einem Zitat von E. LEHMANN (1961) "Unsere Atlaskarten erscheinen - vom heutigen Standort aus retrospektiv beurteilt - u n z u l ä n g l i c h , weil sie in der schulüberkommenen Gewohnheit erstarrten, über das lebendige Spiel der physischen Scenarien der Landschaften und Länder  nur wenig oder gar nichts aussagen, um alle Arbeit auf die vermeintliche  Darstellung des Geländes zu verwenden, obgleich in kleinen Massstäben auf eine Herausarbeitung der Formen ohnehin verzichtet werden muß" ! Dieser Anspruch gilt heute noch. Daher brauchen wir neue, einfache und von 10-14jährigen leicht wahrnehmbare kleinmassstäbige topographische Übersichtskarten. Die beiden vorgelegten Beispiele könnten Versuche in diese Richtung anregen.

 


[1]  WITT W. (1979): Lexikon der Kartographie

[2]  Österr. Mittelschulatlas (Kozenn-Atlas) 75. Aufl. v. H. Slanar, 1951, Verl. Ed. Hölzel Wien

[3] Beispielsweise "Rothaugs Atlas für Bürgerschulen und Allgemeine Mittelschulen", 8. Vollständig neu bearbeitete Aufl. v. H. Kaindlstorfer, Freytag & Berndt AG, Wien 1926: Von insgesamt 64 Kartenseiten zeigen 41 "physische" Karten. Oder "Österr. Atlas für Höhere Schulen (Kozenn-Atlas)" 100. Auflage Verl. Ed. Hölzel Wien 1973: Von 163 Kartenseiten waren 73 solche mit "physischen" Karten.

[4]  Im Freytag-Berndt und Artaria "Unterstufen-Schulatlas", Neubearbeitung 1991: von 140 Kartenseiten insgesamt haben nur mehr 43 "physische" Karten. Im "Österr. Unterstufen-Schulatlas" des verlags Ed. Hölzel, Ausgabe 1992, sind von insgesamt 161 Kartenseiten sogar nur mehr 38 Seiten mit "physischen" Karten bedruckt. Man vergleiche dazu auch: F. MAYER (1985) Schulatlanten im Wandel von Atlaskonzeption, kartographischer Gestaltung und Herstellungstechnologie. In. Mitt.Österr.Geogr.Ges. Bd. 127, S. 139-157

[5] SITTE W. (1992): Was verlangen die neuen österreichischen Geographie- u. Wirtschaftskunde-Lehrpläne von der Schulkartographie ? In: Schulkartographie, Tagungsband zum Wiener Symposium 1990 (= Wiener Schriften zur Geographie u. Kartographie Bd. 5, Hg. F. Mayer)

vgl. W. SITTE , Entstehung und Konzept des Schulfaches http://www.gw.eduhi.at/didaktik/woess/sitte.htm  bzw. W.SITTE 1999 zu SCHULATLS  (beides Anm. Ch.S. 2001)

[6] "Österr. Unterstufenatlaa", Verl. Ed. Hölzel, Ausgabe 1992: Dort heißt es beispielsweise "Topographie: Vereinigte Staaten (S. 108/109), oder "Topographie Afrikas" (S. 104/105)

[7]  U.a. W. PICKL (1989) Thematischer Orientierungsraster als primäre Ordnungssysteme einer geographischen Kompetenz. In: Arbeiten d. Geogr. Instituts d. Karl-Franzens-Universität Graz, Bd. 29 S. 295-334. (Anm. Ch.S. 2001: Ähnliches auch bei Ch.SITTE in GW-U 64/1996)

[8] Man vergleiche in dieser Hinsicht etwa die Darstellung der Südafrikanischen-Republik auf der Afrikakarte des Unterstufen-Schulatlas (S. 108/109) von Freytag& Berndt (oder, Anm. Ch.S. 2001: die Karten" Topographie Europa 1: 12 500 000" von Ed. Hölzel jeweils im alten Österr. Unterstufenatlas S. 70/71 und später ihre durch Aufdruck der Staatennamen entstandene Unübersichtlichkeit bei den 1995 herausgekommenen Auflagen des Kozenn-Atlas  bzw. Hölzel-Weltatlas für die Oberstufe S. 66/67 !)

Viele Lehrer und Eltern sind nämlich der (fachdidaktisch irrigen) Meinung, daß der Schulatlas ein möglichst umfassendes topographisches Nachschlagewerk sein soll. Sie übersehen, daß solche Atlanten heute in allen Preislagen und immer neu ergänzt/aktualisiert der Buchhandel anbietet. Auch via CD-ROM und Internet gibt es dazu günstige Angebote

[9] Vgl. KNABL E. (1986): Physische Karten in Schulatlanten - ihr Stellenwert und ihre Gestaltung. Diplomarbeit an d. grund- u.integrativwiss. Fakultät d. Universität Wien. KRETSCHMER I. (1986): Artikel Höhenschichtenkarte. In: Lexikon der Geschichte der Kartographie. Wien.          

[10] MAYER F. (1992): Schulkartographie heute - Entwicklungsstand und Zukunftsaspekte. In Schulkartographie, Tagungsband z. Wiener Symposium 1990 (= Wr.Schriften z. Geographie u. Kartographie Bd. 5, Hg. F. Mayer)

[11] GRUBER Ch. (1990): Entwicklung der geographischen Lehrmethoden im 18. u. 19. Jh., München, S. 224

[12] LEHMANN E. (1961): Möglichkeiten und Grenzen in der Entwicklung neuer Atlaskarten. In: Kartogr. Nachrichten 11, H. 3, S. 61-69 - wortwörtliches Zitat S. 61

[13]  Man vergleiche die Seiten 98/99 und 108/109 im Freytag-Berndt Unterstufen-Schulatlas oder die S. 102/103 und 104/105 im Hölzel Unterstufen-Atlas. Noch verwirrender wird es, wenn man die Einführung in die Farbhypsometrie sich in DEN SCHULBÜCHERN DER  1. KLASSE anschaut. Negativer Spitzenreiter ist in dieser Hinsicht das Buch von Tscherne/Vlasaty/Krasser, "Du und die Welt", Stockerverlag Graz, S. 10 - Daß eine Approbationskommission so etwas zulassen konnte, spricht für ihre kartographische Qualifikation (Anm. 2001: zum fachdidaktischen Komplex rund um das Schulbuch vgl. bei Ch.Sitte 1999 )

[14]  BREETZ E. (1973): Wodurch die Fehldeutungen der Höhenschichtfarben als Farben der Bodenbedeckung verursacht und durch welche methodischen Maßnahmen kann ihr Auftreten weitgehend verhindert werden ? In Zeitschrift für den Erdkundeunterricht (Volk&Wissen Berlin Ost) 25, S. 275-277

[15] Das betonte schon H. KLIMPT 1952 in den Mitteilungen d. Geogr. Gesellschaft Wien, Bd. 94, S. 309f. Und auch H. HAUBRICH weist 1988 in der Geographischen Rundschau 10, S. 6 darauf hin, daß sich die Lehrer an die altgewohnte Farbhypsometrie nach Sydow so gewöhnt hätten, daß Verlage davor zurückschreckten, sie aufzugeben. Für Schweizer Lehrer und Verlage trifft das anscheinend nicht zu, denn dort ist die Umstellung auf die IMHOFsche luftperspektivische Skala 1962 ohne Probleme gelungen (siehe Schweizer Mittelschulatlas) www......

[16] vgl. SZARAWARA k. (1986): Anmerkungen zu einer Revision der österreichischen Schulkartographie. In: Arbeiten aus dem Institut für Geographie der Karl-Franzens-Universität Graz, Bd. 27, S. 241-249

1  Niemand weiß in welchem Ausmaß und in welcher Form (schrieb W.S. zu den Sparbemühungen der Bundesregierung) die Schulbuchaktion (die seit 1972 allen österreichischen Schülern kostenlosen Bezug der Schulbücher ermöglicht) weiterbestehen wird und ob tatsächlich ein deutscher Verlag mit seinem für Österreich modifizierten Schulatlas in den heimischen Markt eindringen wird (Anm. 2001: Der Verlag Westermann-Österreich brachte 1995 einen auf 194 Seiten - inclusive Register- gekürzten "Diercke Weltatlas Österreich" heraus. Ed. Hölzel konterte 1995 mit einem Konzept, daß seither (statt zwei) drei Atlanten vorsieht: eine Unterstufen(- eher Hauptschul-) "Atlas 5-8", einen (als Achtjahreatlas für die Gymnasien ausgelegten) "Kozenn-Atlas" und einen Hölzel 9+ "Hölzel-Weltatlas für die Oberstufe"- vgl. W.Sitte 1999. Der im Absatz stark zurückgegangene F & B, versucht im Herbst 2001 einen Relaunch eines etwas veränderten"Unterstufen-Schulatlas".

2 siehe oben (Artikel GW-U 48/1992) Fußnote 15)

3  Auch WIRTSCHAFTSKARTEN sollen in Hinblick auf ihren Benutzerkreis und Verwendungszweck sehr einfach gestaltet sein und nicht mit zu vielen Details die Schüler verwirren, fordert W.RITTER in seinem Beitrag "Neue konzeptionelle Ansätze für die Gestaltung von Wirtschaftskarten in Schulatlanten" (In: F. Mayer 1992, Schulkartographie, Wiener Symposium 1990, S. 83-89). Es ist daher nicht ganz verständlich, wenn er  bei der in GW-U 48 abgebildeten Afrikakarte ihre Nacktheit und das fehelen morphologischer Details moniert. In einem Brief schrieb er u.a. "Reliefdarstellungen und Landschaftsfarben entsprechen der morphologischen Richtung der Geographie . Bei letzteren kann man heute auf die immer perfekteren Reproduktionen von Satellitenbildern zurückgreifen und brauchte nicht einen vagen Wüsten-Steppen-Waldton zu bringen. Die Reliefdarstellung in unseren Schulatlanten hatte jedoch bislang nur eine optisch-künstlerische Funktion. Sie wird nur höchst selten mit jenem morphologischen Minimalverständnis ausgeführt, welches die charakteristischen Züge der Landformen herausstellen könnte. Auf der sozusagen 'nackten' Afrikakarte in GW-U zeigen sich genau solche Blößen. Die Schummerung war als Unterstützung einer Höhenschichtenkarte gezeichnet und kann nicht zur eigenständigen darstellung des Reliefs dienen. Dazu W.Sitte: Dies ist ein grundsätzlicher Irrtum Ritters, und zwar sowohl was die Herstellung der Afrikakarte betrifft, als auch hinsichtlich der kartographischen Darstellungsmöglichkeit einer guten Schummerung - vgl. dazu J.K. Brunner 1992.

4 siehe u.a. RICHTER D. (1989) Orientierungsraster "Großrelief der Erde und Schulatlas". In: Asche H u. Topel T, Hg. Beiträge zur Geographie und Kartographie (=F.Mayer-Festschrift) Wiener Schriften z. Geo.u.Karto. Bd. 3, bzw. siehe HITZ 1985, bzw. Ch.SITTE 1996 )

5 LEHMANN  E.(1961) Möglichkeiten und Grenzen in der Entwicklung neuer Atlaskarten. In: Kartogr. Nachrichten 11, H. 3

 

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