Starke Gewerkschaften & koordinierte Kollektivvertrags-Verhandlungssysteme

sind gut fürs Wirtschaftswachstum,

sagt eine neue Studie der Weltbank.

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Gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer verdienen mehr als ihre nichtorganisierten Kollegen, sind besser ausgebildet und haben kürzere Arbeitszeiten. Länder mit hohem gewerkschaftlichen Organisationsgrad weisen eine niedrigere Arbeitslosigkeit und eine höhere Produktivität auf als andere, und in Ländern, in denen Löhne kollektivvertraglich ausgehandelt werden, gibt es weniger Streiks.

Gibt es gar noch Abstimmung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern - also eine Art Sozialpartnerschaft - dann fördert das auch noch das Investitionsklima. Zu diesen Schlüssen kommt jedenfalls die Weltbank in einer am Mittwoch in Washington veröffentlichten umfangreichen Studie ("Unions and Collective Bargaining - Economic Effects in a Global Environment").

Unter den Kollektivvertragssystemen sind die Unterschiede, so die Weltbankstudie, freilich enorm. Die Studie unterscheidet zwischen "koordinierten" Kollektivvertragsverhandlungen, "halbkoordinierten (auf Branchenebene) und "unkoordinierten" (auf Unternehmensebene).

Die besten makroökonomischen Ergebnisse liefern demnach "koordinierte" Kollektivvertragsverhandlungen auf möglichst breiter (sozialpartnerschaftlicher) Ebene. Zumindest haben sie das, so die Studie, in den siebziger und achtziger Jahren getan, zuletzt habe die positive Wirkung etwas nachgelassen.

Aber auch das politische Umfeld spielt eine Rolle: Die besten ökonomischen Ergebnisse (ausgedrückt in Wirtschaftswachstum) erzielen laut Weltbankstudie Länder, in denen starke, zentralisierte Gewerkschaften auf starke Linksregierungen oder schwache, dezentralisierte Gewerkschaften auf rechtsgerichtete Regierungen treffen.

Schwache Gewerkschaften kombiniert mit einer starken Linksregierung oder starke Gewerkschaften im Verein mit Rechts-Regierungen bremsen dagegen in der Regel die Wirtschaftsleistung stark ab. Schlecht für die Wirtschaft ist es auch, wenn die Gewerkschaftslandschaft zersplittert ist und viele untereinander konkurrierende Gewerkschaften die Szene beherrschen.

Allerdings, so meinen die Studienautoren, seien damit keine Naturgesetze gefunden, die überall Gültigkeit haben. Sehr viel hänge vom sozialen, gesellschaftlichen und politischen Umfeld ab, Modelle, die in einem Land gut wirken, seien nicht einfach übertragbar.

Die Presse vom
13.02.2003