P o r t f o l i o a r b e i t  aus GWK  von  Sophie Wagner, 7A am GRG Wien 1, im WS 2002

Zur Diskussion um die Sicherung  der Alterspensionen

1. Problemstellung

 

Die meisten Pensionssysteme in den europäischen Industrie und Wohlfahrtsstaaten beruhen darauf, das die Berufsttätigen über ihre Sozioalabgaben die Pensionskosten der älteren Generation abdecken. Nur in wenigen Fällen waren Zusatzversicherungen privater Art üblich. Seit mehreren Jahren wird vermehrt über die Finanzierbarkeit des Pensionssystems diskutiert, und sogar Pensionsreformen wurden bereits eingeleitet und werden weiterhin für notwendig erachtet.

 

Dies hat mehrere Gründe:

1. Die Altersstruktur der Bevölkerung

2. Die steigenden Kosten für den Sozialbereich insgesamt

(Gesundheitskosten, Pensionskosten, Ausgaben für den Arbeitsmarkt, Arbeitslosenversicherung)

3. Die veränderten Spielräume für die Nationalstaaten angesichts der neo-liberalen Wirtschaftsphilosophie und der Globalisierung

 

Grundproblem: einer immer älter werdenden Bevölkerung (die durchschnittliche Lebenserwartung bei Frauen und, abgeschwächt, bei Männern steigt noch immer an) stehen immer weniger Berufstätige gegenüber. Mit vermehrtem Wohlstand sinkt die Geburtenrate, und Österreich, wie auch ganz EU - Europa "überaltert". Die Alterspyramide entwickelt sich ungünstig für das Sozialsystem. Auch in Gesellschaften, in denen der Einfluß der Kirche noch stärker ist, wie z.B: in Italien, sinken seit Jahren die Geburtenraten (Einkindfamilien, Singels). Familienpolitische Förderungen sind entweder nicht ausreichend oder führen nicht zu einer ausreichenen Geburtenentwicklung. Um dieses Problem anzugehen, werden z.B. die Kinderbetreuungseinrichtungen, Krippen, Kindergärten, ganztägige Schulformen, "Kindergeld" - Modelle; Karenzmodelle für Väter; Angleichung der Gehaltsstrukturen für Frauen; Anrechnung von Elternkarenz für die Pension etc. etc.diskutiert

 

Zwar wächst in manchen Staaten der EU die Bevölkerung wieder, jedoch ist dies auf Migration (vor allem Wirtschaftsmigration) zurückzuführen. Zuzug von Ausländern, wenn diese Arbeit finden und in das Sozialsystem einzahlen, ist zwar aus z.B. Pensionssicherungs-Gründen willkommen, führt aber vermehrt zu anderen Problemen, die immer häufiger zu ernsten gesellschaftlichen Konflikten geführt haben (auch populistische Parteien tragen dazu bei).

 

Parallel zu der steigenden allgemeinen Gesundheit (Fortschritt der Medizin und der medizinischen Versorgung der Bevölkerungen) steigen die Gesundheitskosten exponentiell. Die Krankenkassen haben wiederholt Finanzierungsprobleme, die zum Teil durch staatl. Zuschüsse, oder durch Erhöhung der Beiträge der Versicherten abgedeckt werden.

Wirtschaftsrezessionen oder Krisen führen weiters zur Erhöhung der Ausgaben für die Arbeitslosenversicherung. Insgesamt steigen die Sozialausgaben also, und zur gleichen Zeit sind die Wirtschaftssysteme Europas immer stärkerem Wettbewerbsdruck ausgesetzt.

Vergleichbare Wirtschaftssysteme (etwa die USA) kennen andere Traditionen (wesentlich weniger soziale Sicherheit, ungleich größere Anteile an privater Vorsorge für Gesundheit und Pension, wesentlich geringere Ausgaben des Staates für Soziales).

Das führt zu Wettbewerbsproblemen für Volkswirtschaften, die hohe Sozialabgaben kennen. Will Europa wettbewerbsfähig sein (bleiben), muß es die öffentlichen Ausgaben (Sozial- und Pensionskosten, Gesundheitskosten und öffentlichen Dienst) senken. Gleichzeitig will der Bürger aber den Fortbestand des europäischen Modells der sozialen Sicherheit. Ein schwieriges Problem.

 

 

2. Lösungsansätze

 

Zur Debatte standen und stehen eine Reihe von Maßnahmen. Grundsätzlich will man (etwa in Österreich) an einem Mindeststandard an sozialer Sicherheit (incl. Pensionssicherheit) festhalten. Eine allgemeine Versicherungspflicht (Garantie für alle) soll erhalten beleiben, diskutiert wird aber, ob zu einer Pflichtversicherung (Pensionsversicherung der Arbeiter u. Angestellten zum Beispiel) neue Wahlmöglichkeiten (private Fonds) oder Betriebsversicherungen treten sollen.

 

Will man steigende staatliche Zuschüsse vermeiden (das würde höhere Steuern bedeuten in Ländern, in denen der Steuersatz sowieso schon sehr hoch ist), dann bleiben einige Szenarios:

 

·         Abschaffung von sogenannten Pensionsprivilegien (z.B. der Beamten) und Angleichung der Pensionssysteme der Arbeiter, Angestellten, Bauern, Selbstständigen und Beamten

·         Angleichung des Pensionsalters von Frauen (derzeit 60) an das der Männer (derzeit 65)

·         Heranführen der tatsächlichen Pensionsantritte an das rechtliche Pensionsalter (=Abschaffung der Frühpensionen aus welchen Gründen auch immer)

·         Erhöhung des gesetzlichen Pensionsalters auf 66? 67? 68?

·         etc...

 

Alle Vorschläge haben ihre Tücken, und der Teufel steckt im Detail.

·       so kann man nicht kinderfreundliche und emanzipatorische Politik machen und gleichzeitig die Bedingungen für Frauen verschärfen.

·       Eine allgemeine Anhebung des Pensionsantrittsalters übersieht die ungleichen Arbeitsbelastungen, etwa für Schwer- und Nachtarbeiter.

·       Die Wirtschaft hat bis vor kurzem junge Arbeitskräfte bevorzugt und Alte aus den Betrieben gedrängt. Auch der Bund senkt seinen Personalstand durch Frühpensionen in einer Zeit wo er angeblich Frühpensionen unmöglich machen will.

·       Arbeitslosigkeitsbekämpfung ist leichter, wenn ältere Arbeitskräfte, falls sie das wollen, in eine Art (Vor-) Ruhestand treten können

 

Einigkeit besteht darin (in ganz Europa), dass Lösungen notwendig sind, v.a. wenn nicht mit stark wachsenden Wirtschaften gerechnet werden kann.

Einigkeit sollte meiner Meinung nach aber auch darin bestehen, dass Europa (und Österreich) nach intelligenten Lösungen suchen sollte, die einerseits unser Modell der sozialen Verantwortung bewahren (und damit höhere soziale Gerechtigkeit anpeilen), und die andererseits Europa wettbewerbsfähig erhalten/machen und die Staatsausgaben nicht explodieren lassen.

 

Zusätzlich erschwert werden alle Überlegungen in Richtung vermehrter Vorsorge Privater durch die schlechte Wirtschaftsentwicklung, z.B. zunehmende Arbeitslosigkeit, und die Entwicklung der Aktienmärkte. Private Pensionsfonds (auch sogenannte "sichere") haben dramatisch an Wert verloren (siehe Bernd Marin im Falter Nr. 3/03).

Es wird also jede Lösung darauf aufbauen müssen, dass die Gesellschaft solidarisch sein/bleiben sollte, d.h. ein gewisser Ausgleich zwischen "REICH" und "ARM" bleibt notwendig (im übrigen auch global), um friedliche gesellschaftliche Verhältnisse langfristig abzusichern.

 

 

 

3. Einige Hintergrundinformationen

(am Beispiel Deutschland)

 

Erhöhung des Beitrags

Senkung der Pensionen

Erhöhung des Pensionsalters

Einwanderung u. Erhöhung der Geburtenrate

.

Danach wäre das vorrangige Ziel die Verringerung der Kinderlosigkeit .

 

 

 

4. Österreich und das Thema Pensionsreform nach den Wahlen 02

 

In den derzeitigen Gesprächen um die Regierungsbildung, ist die Pensionsreform ein wesentlicher Punkt. In dieser Frage treten die verschiedenen Parteien ganz unterschiedlich an das Problem heran. Die Altersvorsorge sehen alle Parteien als zentralen Reformbereich. ÖVP & FPÖ wollen beide das tatsächliche Pensionsantrittsalter an das gesetzliche von 65 Jahren heranführen.Die FPÖ sagt zu den von der ÖVP geplanten Abschaffung der vorzeitigen Alterspension für ASVG-Versichtere klar "nein". Dazu müsste das Pensionssystem der Beamten an jenes der ASVG-Versicherten angeglichen werden. Dafür treten auch die anderen Parteien ein, jedoch mit verschiedenen Details in der Frage der Finanzierung. SPÖ, Grüne und FPÖ wollen bei hohen Pensionen Einschnitte vornehmen, die ÖVP hält davon wenig. Ihr Konzept beruht auf einem Ausbau der Betriebspensionen und der Eigenvorsorge, was die Ungleichheit der Einkommensvoraussetzungen aber noch verstärken würde. Die Grünen sehen die grundsichere Pension als Aufgabe des Staates, der Rest müsse Eigenvorsorge sein.

Die SPÖ ist beim Eingriff in bestehende Pensionen wesentlich mutiger als die ÖVP. Wenn man diesmal eine wirklich große Pensionsreform wagt, so kann die Last der höheren Lebenserwartung sozusagen auf mehrere Schultern verteilt werden. Nicht nur auf die der 3Millionen Erwerbstätigen, sondern z.B. auch auf die der gut verdienenden Beamten im Ruhestand (auch wenn das eines gewissen Maßes an Populismus nicht entbehrt). Dies wäre meiner Meinung nach jedenfalls ein möglicher zusätzlicher Denkansatz: dass Leute mit wesentlich höheren Einkommen oder Besitz sich stärker an der Finanzierung der Pensionen beteiligen sollten, sozusagen als Solidaritätsbeitrag.

Nicht einmal die Gewerkschaft bestreitet, dass länger gearbeitet werden muss, wenn die Lebenserwartung weiterhin steigt und die Geburtenzahl sinkt. Die Gefahr besteht natürlich, dass Ärmere bzw. chronisch Kranke durch solche Maßnamen alles andere als gerecht behandelt werden, Daher sollten diese vom grundsätzlichen Modell ausgenommen werden, und der Pensions-Beitrag für diese Gruppen auf einen niedrigeren Prozentsatz des Einkommens beschränkt werden.

Unternehmen entsorgten Jahrzehnte lang ihre älteren Mitarbeiter in den Ruhestand, um ihre Bilanzen durch Einstellung jüngerer und daher billigerer Arbeitskräfte aufzubessern. Wenn bereits Frauen ab 40 und Männer ab 50 als unvermittelbar gelten, dann schreien solche Umstände nach einem Arbeitsmarkt-Konzept für ältere Arbeitnehmer.

Wenn die ÖVP aber die Frühpensionen abschaffen will, was man ja schon fast als Tabubruch ansehen könnte, dann sollte sie mit gutem Beispiel voraus gehen und die von ihnen betriebenen Zwangspensionierungen im öffentlichen Dienst stoppen.

 

Also, eines ist klar:

Je "vorsichtiger" jetzt an die Reform herangegangen wird, um so schneller kommt die nächste.

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Quellen:

Birg, Herwig: Die demographische Zeitenwende, München 2001, C.H.Beck

Falter, Ausgabe 3/03

Der Standard, 8., 10., 11./12. Jänner 03

Die Presse, 11./12. Jänner 03

Solidarität, Zs. der AK Österreich, November 02

 

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